Informationen der BRK – Allianz Ausgabe 5-2012

vom 15. November 2012

Status der Konvention (12. November 2012)

126 Staaten haben ratifiziert
154 Staaten haben unterzeichnet

Fakultativprotokoll

76 Staaten haben ratifiziert
90 Staaten haben unterzeichnet

Den jeweils aktuellen Stand können Sie einsehen unter  www.un.org/disabilities 

Aktuell

Parallelbericht der Zivilgesellschaft: Der erste Entwurf einer Gesamtfassung des Parallelberichtes steht kurz vor der Fertigstellung und wird noch im November an die Mitglieder der BRK-Allianz zu einer ersten Rückmelderunde versandt. Vor dem 3. Plenum am 17. Januar werden die Änderungsvorschläge eingearbeitet und in eine zweite Rückmelderunde eingespeist. Auf dem 3. Plenum soll der Text verabschiedet und zum 26. März 2013, dem 4. Jahrestag des Inkrafttretens der UN-BRK, der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

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Universal Periodical Review (UPR): BRK-Allianz reicht Kurzbericht beim UN-Menschenrechtsrat (Human Rights Council) ein. Die 78 Verbände der deutschen Zivilgesellschaft, die in der BRK-Allianz zusammenarbeiten, haben Anfang Oktober fristgemäß einen 16-seitigen Kurzbericht zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland beim UN-Menschenrechtsrat in Genf ein. Die BRK-Allianz hat diesen Kurzbericht erstellt, da Deutschland im Mai 2013 zum zweiten Mal nach 2009 vom UN-Menschenrechtsrat im Rahmen des sogenannten UPR-Verfahrens (Universal Periodic Review) auf die Umsetzung aller UN-Menschenrechtsübereinkommen hin überprüft wird. Der Bericht in deutsch und Englisch ist auf der Seite der Allianz unter  www.brk-allianz.de  zu finden.

Bei der Erstellung des Berichtes hat die BRK-Allianz mit dem FORUM MENSCHENRECHTE, der Dachorganisation der deutschen Menschenrechtsorganisationen, zusammengearbeitet.

Allianz-Sprecherin Dr. Sigrid Arnade hat zum UPR-Bericht auch einen Beitrag im Blog der Aktion Mensch unter dem Titel  „UPR – ja, muss das denn jetzt auch noch sein!?“  veröffentlicht.

Wie uns der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband mitteilte, ist der deutsche UPR-Bericht auf großes Interesse des polnischen Blindenverbandes gestoßen, der diese Form der Berichterstattung noch nicht kannte.

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Human Rights Council: Deutschland wird ab Januar 2013 für drei Jahre dem UN-Menschenrechtsrat angehören. In der UN-Vollversammlung stimmten am 12. November in New York 127 Länder für die deutsche Präsenz in dem Gremium. Die Vollversammlung wählte neben der Bundesrepublik 17 weitere neue Mitglieder in den Rat. Für drei vakante Posten in dem Gremium hatten sich fünf Staaten beworben. Deutschland setzte sich neben den USA und Irland gegen Griechenland und Schweden durch.

Der Menschenrechtsrat soll die Situation in den 193 UN-Mitgliedsstaaten überwachen und helfen, grundlegende politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte zu sichern. Dazu gehören das Recht auf Leben, persönliches Eigentum, politische Betätigung, Meinungs- und Glaubensfreiheit. Deutschland gehörte dem Rat schon von 2006 bis 2009 an. Zum Jahresende 2012 scheiden 18 Mitglieder turnusmäßig aus dem Gremium aus, darunter China und Russland. (Quelle: Süddeutsche Zeitung)

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat die Wahl Deutschlands in den UN-Menschenrechtsrat begrüßt. Dies sei, so heißt es in einer Pressemeldung, eine Anerkennung für die Menschenrechtspolitik Deutschlands seit seiner ersten Mitgliedschaft im Menschenrechtsrat 2006-2009, aber auch eine Verpflichtung für die Zukunft. Die Bundesregierung habe vor der Wahl in den Menschenrechtsrat betont, dass Menschenrechtsschutz im eigenen Land beginnen müsse. "Wir gehen deshalb davon aus, dass Bundesregierung und Bundestag sich künftig regelmäßig und ernsthaft mit den Empfehlungen der UN-Menschenrechtsgremien befassen" erklärte Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte. "Ein erster Testfall wird das allgemeine periodische Überprüfungsverfahren im April 2013 sein. Hier kann Deutschland durch einen selbstkritischen Bericht mit gutem Beispiel vorangehen."

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CRPD-Fachausschuss / Staatenkonferenz:

Auf seiner 8. Sitzung hat der Fachausschuss zum erstenmal in einer zweiwöchigen Sitzung vom 17. bis 28. September in Genf getagt und die Staatenberichte von China, Argentinien und Ungarn geprüft. Für Paraguay wurde die "List of Issues" beschlossen. Ferner will sich der Ausschuss für mehr zeitliche Ressourcen einsetzen. Die nächste Sitzung wird ab dem 15. April 2013 beginnen. Hier die  Dokumente zur 8. Sitzung.

Kurz vor dem Fachausschuss hat in New York die 5. Staatenkonferenz vom 12. bis 14. September stattgefunden. Unter anderem wurden Wahlen zum Fachausschuss durchgeführt. Inhaltlich wurde in mehreren "Round Tables" gearbeitet: "Barrierefreiheit und Technologie", „Kinder mit Behinderungen“, „Frauen mit Behinderungen“. Hier die  Dokumente zur Staatenkonferenz.

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Zivilpakt: Am 18. / 19. Oktober hat der UN-Menschenrechtsausschuss (nicht zu verwechseln mit dem Menschenrechtsrat!) getagt und sich mit dem Umsetzung des Zivilpaktes (ICCPR) in Deutschland befasst. Zu den Abschließenden Bemerkungen ("Concluding Observations") des Ausschusses hat das Deutsche Institut für Menschenrechte unter anderem festgestellt: "Wir begrüßen, dass der Ausschuss Freiheitsentziehung in deutschen Pflegeeinrichtungen thematisiert. In erheblichem Ausmaß werden in Deutschland pflegebedürftige Menschen, insbesondere mit Demenzerkrankung, fixiert oder in geschlossenen Abteilungen untergebracht. Es muss sichergestellt werden, dass die menschenrechtlichen Grenzen der Freiheitsentziehung auch in diesem Bereich in der Praxis beachtet werden.... Zudem teilt der Ausschuss die Auffassung des Instituts, dass die im internationalen Vergleich schwachen Befugnisse der Antidiskriminierungsstelle zu erweitern sind. Sie sollte auch Einzelbeschwerden aufgreifen und vor Gericht bringen können."

Die Abschließende Bemerkungen des UN-Menschenrechtsausschusses zum 6. Staatenbericht Deutschlands sind nachzulesen unter:  (VORABFASSUNG ENGLISCH).

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Inklusionsbeirat will Änderungen im Wahlrecht: Die Inklusionsbeirat fordert die Streichung zweier Regelungen im Bundeswahlgesetz über das Wahlrecht für Menschen, für die ein Betreuer bestellt wurde oder die sich in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden. Der Inklusionsbeirat der Staatlichen Koordinierungsstelle nach Artikel 33 UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) will die anstehende Änderung des Wahlrechts für die Wahlen zum Deutschen Bundestag zum Anlass nehmen, die Regelungen des §13 Nr. 2 und Nr. 3 Bundeswahlgesetz zu streichen. "Diese Regelungen sind aus unserer Sicht vor dem Hinter-grund der in Deutschland seit März 2009 geltenden UN-Behindertenrechtskonvention nicht mehr haltbar," so der Inklusionsbeirat in seinem Brief an den Bundestagspräsidenten.

Die Mitglieder des Inklusionsbeirats argumentieren, aufgrund der in Artikel 29 a UN-BRK ist das Recht auf politische Teilhabe an allgemeinen Wahlen präzisiert worden. In Bezug auf Menschen mit Behinderungen heißt das: Auch Menschen mit Behinderungen haben das uneingeschränkte Recht, sich aktiv und passiv an Wahlen "gleichberechtigt mit anderen" zu beteiligen. Diskriminierungen egal welcher Art, ob direkt oder indirekt, sind nach der UN-BRK ausdrücklich untersagt (Artikel 5 UN-BRK).

Weiter heißt es in dem Brief: "Die UN-BRK zwingt uns daher, existierende Rechtsauslegungen internationaler Menschenrechtsübereinkommen und des Grundgesetzes gleichermaßen zu überdenken und bestehende Beschränkungen zugunsten von Inklusion und Partizipation behinderter Menschen aufzuheben."

Die zu streichenden Vorschriften lauten im Einzelnen:

§ 13 Nr. 2 Bundeswahlgesetz (BWahlG): Ausgeschlossen vom Wahlrecht ist derjenige, für den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1986 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Angelegenheiten nicht erfasst.

§ 13 Nr. 3 Bundeswahlgesetz (BWahlG): Ausgeschlossen vom Wahlrecht ist, wer sich auf Grund einer Anordnung nach § 63 in Verbindung mit § 20 des Strafgesetzbuches in einem psychiatrischen Krankenhaus befindet.

Nach Ansicht des Inklusionsbeirats stützen internationale Gremien wie der Europarat sowie der UN-Menschenrechtsrat diese Sichtweise. Das höchste Menschenrechtsgremium der Vereinten Nationen habe am 20. März 2012 als Resolution beschieden, dass ein Ausschluss behinderter Menschen vom Wahlrecht eine menschenrechtliche Diskriminierung sei, die in einer Rechtsordnung immer zu vermeiden sei.

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Monitoringstelle - Positionen Nr. 7: "Systematische ‘Enthinderung‘: UN-Behinderten-rechtskonvention verpflichtet zum Barriereabbau" (auch in Leichter Sprache)

Alle Bereiche der Gesellschaft sollen für Menschen mit Behinderungen zugänglich sein. In Deutschland ist man weit davon entfernt. Der Staat ist dazu verpflichtet, die zahlreichen noch bestehenden Barrieren zu beseitigen und das Entstehen neuer Barrieren zu verhindern. Auch auf den Privatsektor muss eingewirkt werden; das gehört zu den Grundsätzen der UN-Behindertenrechtskonvention. Autor: Dr. Leander Palleit. Download beim  Institut für Menschenrechte.

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FORUM MENSCHENRECHTE: "Weder glaubwürdig noch kohärent!" Zum 10. MR-Bericht mit Aktionsplan Menschenrechte der Bundesregierung hat das FORUM folgende Stellungnahme veröffentlicht: "Mit großem Interesse hat das FORUM MENSCHENRECHTE die Vorstellung des 10. Menschenrechtsberichtes durch die Bundesregierung am 24. Oktober 2012 verfolgt. Umso enttäuschter mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass weder der Bericht noch der Aktionsplan Menschenrechte 2012-2014 den Anforderungen an eine glaubwürdige und kohärente Menschenrechtspolitik gerecht werden. Das FORUM Menschenrechte begrüßt die Vorlage des 10. Menschenrechtsberichtes und der darin vorgestellten Aktivitäten der Bundesregierung zum Menschenrechtsschutz auf nationaler und internationaler Ebene. Viele der aufgeführten Vorhaben, wie z.B. das erwähnte Menschenrechtskonzept des BMZ für die Entwicklungszusammenarbeit, sind sinnvoll und werden von uns ausdrücklich unterstützt!

Enttäuscht sind wir jedoch darüber, dass der Aktionsplan Menschenrechte 2012-2014 weder handlungsorientiert ist noch konkret, mithin den Ansprüchen an einen Aktionsplan nicht gerecht wird. Fragwürdig ist auch, dass der Aktionsplan ausdrücklich als unverbindliches Vorhaben unter Haushaltsvorbehalt bezeichnet wird.

Nicht akzeptabel ist für uns, dass die Regierung im Aktionsplan im Herbst 2012 - wie schon in den zwei letzten "Aktionsplänen" - immer noch davon spricht, die Ratifikation des Zusatzprotokolls zum "Sozialpakt" intensiv prüfen zu wollen. Die Mitgliedsorganisationen des FORUM MENSCHENRECHTE warten seit Jahren auf ein (positives) Ergebnis dieser Prüfung.

Darüber hinaus wird der Eindruck vermittelt, der Aktionsplan sei in Abstimmung mit dem FORUM MENSCHENRECHTE erstellt worden. Tatsächlich fand ein - dankenswerterweise vom Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung initiiertes - Gespräch mit VertreterInnen verschiedener Ressorts bei einem Treffen des FORUM MENSCHENRECHTE im Mai 2012 statt. Dies war keine Konsultation - zumal das FORUM MENSCHENRECHTE nicht den Eindruck hat, dass aus diesem Gespräch Bemerkenswertes in den Bericht eingeflossen ist."

Hier  der ausführliche Bericht , in dem auch Ausführungen zur UN-Behindertenrechtskonvention stehen.

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Statistik: Anbei ein Link zu einem Fact-Sheet "Frauen und Männer mit Behinderung" mit interessanten aktuellen Zahlen, das in der mail-Kiste der Geschäftsstelle einlief:  "Frauen und Männer mit Behinderung" 

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Landesschulgesetz – Muster: Die Landesarbeitsgemeinschaft "Gemeinsam leben – gemeinsam lernen" Baden-Württemberg (LAG) hat Ende September in Stuttgart einen Gesetzentwurf für ein inklusives Schul- und Bildungssystem vorgestellt. Der Entwurf wurde gemeinsam mit der Kanzlei Latham & Watkins LLP erarbeitet. "Wir zeigen mit diesem Gesetzentwurf, wie es möglich ist, die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung umzusetzen und ein inklusives Schul- und Bildungssystem zu entwickeln, das den Namen zu Recht trägt", sagte Kirsten Ehrhardt von der LAG in Stuttgart vor Journalisten. Dies sei keine "Kür", sondern eine Pflichtaufgabe des Landes, um die verbindlichen völkerrechtlichen Vorgaben in Baden-Württembergisches Landesrecht umzusetzen. Das bisherige Parallelsystem von Sonderschulen und allgemeinen Schulen sei weder sinnvoll noch weiter finanzierbar. Der Gesetzentwurf umfasst drei zentrale Punkte:

  • Die Verankerung des Grundsatzes inklusiver Bildung im gesamten Bildungswesen, d.h. angefangen in Kindertageseinrichtungen, über Schulen bis hin zu Institutionen lebenslangen Lernens.
  • Die Begründung eines einklagbaren Rechtsanspruchs für Kinder und Jugendliche mit Behinderung oder drohender Behinderung auf wohnortnahe inklusive Beschulung in den allgemeinen Schulen beginnend ab dem Schuljahr 2013/2014.
  • Die detaillierte Beschreibung einer Übergangsphase für den bevorstehenden Transformationsprozess des Schulwesens.

Siehe  weitere Informationen und den Text des Gesetzentwurfes.

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Mit einem neuen Kinospot, der ab dem 15. November in den Kinos läuft, möchte die Bundesregierung das Thema Inklusion ins Bewusstsein der Menschen in Deutschland bringen. Der Kinospot ist Teil der Kampagne "Behindern ist heilbar" und wirbt für eine inklusive Gesellschaft – ohne Barrieren im Kopf und im Alltag. Hier zum  Kinospot 

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Termine

3. Dezember 2012: Internationaler Tag der Menschen mit Behinderungen

10. Dezember 2012: Internationaler Tag der Menschenrechte

15. Januar 2013 in Berlin: Auftaktveranstaltung der Antidiskriminierungsstelle zum Themenjahr "Behinderung"

17. Januar 2013 in Berlin: 3. Plenum der BRK-Allianz

März 2013 in Genf: 22. Sitzung des Human Rights Council u.a. mit dem Thema "Arbeit und Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen"

15. bis 29. April 2013 in Genf: Neunte Sitzung des CRPD-Ausschusses

Mai 2013: UPR-Prüfung Deutschlands vor dem Human Rights Council

2. bis 13. September 2013 in Genf: Zehnte Sitzung des CRPD-Ausschusses 23. September 2013 in New York: Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Thema "Disability and Development"

Impressum

H.- Günter Heiden (v.i.S.d.P.), BRK-Allianz - Geschäftsstelle
c/o NETZWERK ARTIKEL 3 – Verein für Gleichstellung und Menschenrechte Behinderter e.V.
Krantorweg 1, 13503 Berlin, Tel.: +49-(0)30-436 4441, Fax: +49(0)30-436 4442
E-Mail: brk.allianz@googlemail.com Web:  www.brk-allianz.de