Informationen der BRK – Allianz Ausgabe 7 - 2013

vom 30. April 2013

Status der Konvention (4/2013)

130 Staaten haben ratifiziert
155 Staaten haben unterzeichnet

Fakultativprotokoll

76 Staaten haben ratifiziert
91 Staaten haben unterzeichnet

Den jeweils aktuellen Stand können Sie einsehen unter  www.un.org/disabilities 

Aktuell - Extrabericht

25. April 2013: UPR-Prüfung Deutschlands vor dem UN-Menschenrechtsrat

Am 25. April 2013 von 9.00 bis 12.30 Uhr wurde Deutschland während der 16. UPR-Sitzung des UN-Menschenrechtsrates (Human Rights Council - HRC) überprüft. Für die BRK-Allianz haben Sprecherin Dr. Sigrid Arnade und Koordinator H.- Günter Heiden teilgenommen. An diesem Tag wurde mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte (DIMR) und der FORUM MENSCHENRECHTE (FM) in zwei Veranstaltungen kooperiert: vor und nach der Staatenprüfung.

Hintergrundgespräch vorher:
Vor der Staatenprüfung fand von 8.00 bis 9.00 Uhr ein Hintergrundgespräch im UN-Gebäude mit deutschen MedienvertreterInnen statt. Dabei wurde von der Direktorin des DIMR, Prof. Dr. Beate Rudolf, auch der Bereich Menschen mit Behinderungen (MmB) angesprochen, insbesondere der Wahlrechtsausschluss und Gewalt gegen Frauen und Mädchen mit Behinderungen; ebenso Freiheitsentziehung und Zwangsbehandlungen in Altenpflege und Psychiatrie.
Von Dr. Sigrid Arnade wurde die bislang fehlende Menschenrechtsperspektive in Deutschland in Sachen MmB betont. Ferner kritisierte sie den Kostenvorbehalt bei der Umsetzung der UN-BRK; sprach über Behinderung als Armutsrisiko sowie über Wahlrechtsausschlüsse und schulische Inklusion.

In der Presseberichterstattung zum 25. April (etwa dpa) wurden die Detailfragen zu Behinderung nicht erwähnt, sondern lediglich erwähnt, dass auch der Bereich von Menschen mit Behinderungen während der UPR-Prüfung zur Sprache gekommen sei.

Interaktiver Dialog - Staatenprüfung:
Die Delegation Deutschlands wurde von Markus Löning, Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, geführt. Ferner war der ständige Vertreter Deutschlands in Genf, Hanns H. Schumacher, Mitglied der Delegation sowie Vertreter aus verschiedenen Bundesministerien. Nach dem Einführungsstatement von Markus Löning gab es insgesamt 97 Wortmeldungen der UN-Mitgliedsstaaten. Jeder Staat hatte 74 Sekunden Zeit und konnte darin seine Einschätzung des deutschen Berichts und seine Empfehlungen (Recommendations) einbringen. Zweimal konnte Markus Löning zwischendurch Stellung zu den Empfehlungen nehmen.

Generell fiel die Einschätzung Deutschlands durch die UN-Staaten positiv aus. Jedoch gab es durchgängig bei sehr vielen Staaten Empfehlungen zum Thema (struktureller) Rassismus, insbesondere am Beispiel des NSU-Prozesses, sowie zur Situation von MigrantInnen in Deutschland. Ferner waren die Themenkomplexe "Benachteiligungen von Frauen in der Arbeitswelt" und "Menschen mit Behinderungen" von Bedeutung. Dabei wurde vor allem begrüßt, dass Deutschland die BRK ratifiziert und einen Nationalen Aktionsplan (NAP) zur Umsetzung verabschiedet hat.

Hier ist eine kurze Wiedergabe der konkreten Empfehlungen der Staaten, die sich auf MmB beziehen und zum Teil auch Bestandteil des UPR-Berichts der BRK-Allianz waren:

Ecuador empfahl, die Programme für eine Verbesserung der sozialen Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen fortzusetzen.

Finnland empfahl, die Kompetenzen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu stärken.

Guatemala begrüßte Verbesserungen in der Situation psychiatrischer Einrichtungen in Deutschland.

Montenegro: Antwort von Löning in seinem Eingangsstatement auf eine vorab gestellte Frage von Montenegro: Die Steigerung der Inklusionsrate von Kindern mit Behinderungen in der allgemeinen Schule sei Bestandteil des NAP (entspricht Bericht der BRK-Allianz, Punkte 37 ff)

Österreich empfahl, bundesweit einen barrierefreien Zugang zu Einrichtungen, die Frauen mit Behinderungen nutzen können, wenn sie von Gewalt betroffen sind (entspricht Bericht der BRK-Allianz, Punkte 24-27); ebenso wurde empfohlen, effektiven Schutz und ein Beschwerdemanagement für MmB in spezialisierten Einrichtungen zu schaffen.

Peru empfahl, den Umfang der Arbeitslosigkeit von MmB zu senken (entspricht Bericht der BRK-Allianz, Punkt 47)

Spanien empfahl, das Konzept der "angemessenen Vorkehrungen" in der Umsetzung der UN-BRK zu konkretisieren, insbesondere auch hinsichtlich der Bedarfe von Kindern und Frauen mit Behinderungen (entspricht Bericht der BRK-Allianz, Punkt 11)

USA empfahl, die gesetzlichen Verpflichtungen zur Barrierefreiheit für private Unternehmen, die der Öffentlichkeit Güter und Dienstleistungen anbieten, auszuweiten (entspricht Bericht der BRK-Allianz, Punkt 16)

Ferner waren folgende Empfehlungen von Interesse:

Armenien und Großbritannien betonten die Bedeutung der Menschenrechtsbildung bereits von früher Kindheit an.

Chile empfahl, die Frauenrechte zu stärken, insbesondere von "vulnerable groups" (entspricht Bericht der BRK-Allianz, Punkte 24-27).

Paraguay empfahl, multiple Formen der Diskriminierung in Erziehung, Gesundheitswesen und Beschäftigung zu bekämpfen (entspricht Bericht der BRK-Allianz, Punkte 13-14).

Sehr viele Staaten empfahlen, die ICRMW, die Konvention über die Rechte der Wanderarbeiter zu ratifizieren (entspricht Bericht der BRK-Allianz, Punkt 12).

Wie geht es weiter? Die zusammengefassten Empfehlungen wurden am 29. April in einem "Outcome" veröffentlicht. Die Empfehlungen zu "Behinderung" sind auf der Seite 25 ab den laufenden Nummern 123.173 -123.178 zu finden. Die UPR-Deutschland-Seite mit allen offiziellen Texten finden Sie unter:  www.ohchr.org/~DESession16.aspx 

Hier ist ein OHCHR-Medienlink zur Anhörung von Deutschland:

 www.ohchr.org/~Highlights25April2013am.aspx 

Etwa im September 2013 wird Deutschland Stellung zu den Empfehlungen des Menschenrechtsrats nehmen (Annahme oder Ablehnung).

Im Oktober 2013 wird der Bericht mit den Stellungnahmen Deutschlands offiziell in der 17. Sitzung des Menschenrechtsrats angenommen.

Die nächste Prüfung Deutschlands wird voraussichtlich 2017 stattfinden.

Side-Event nach der Staatenprüfung:
Von 13 bis 14.15 Uhr fand in einem anderen Saal des UN-Gebäudes eine Veranstaltung der drei deutschen Organisationen unter der Leitung des FORUM MENSCHENRECHTE statt, auf denen sich Markus Löning und Botschafter Schumacher den Einschätzungen von FM, DIMR und BRK-Allianz zum Verlauf der Staatenprüfung stellten. Weitere 40 Teilnehmende aus NGOs weltweit waren anwesend.

Dr. Sigrid Arnade stellte ihrer Einschätzung der Staatenprüfung zunächst allgemeine Aspekte voran:
strukturelle Umsetzung, prozessuale Umsetzung und Einschätzung der fehlenden MR-Perspektive sowie des NAP. Sie würdigte insbesondere die Empfehlungen von Spanien und der USA und nahm Bezug auf den immer noch existierenden Wahlrechtsausschluss.
Ellen Walker von der International Disability Alliance hob hervor, dass die Empfehlungen der Staaten zum Bereich Behinderung wie in einer "Momentaufnahme" die Probleme der Umsetzung der UN-BRK in Deutschland beschrieben hätten.
Prof. Dr. Beate Rudolf betonte, dass in der Frage der Gewalt gegenüber behinderten Frauen barrierefreie Beratungsstellen erforderlich seien. Außerdem sollten alle Gesetze im Lichte der UN-BRK, etwa auch der Wahlrechtsausschluss, überprüft werden.

Auf die Frage von H.- Günter Heiden an Markus Löning zum automatischen Wahlrechtsausschluss von bestimmten MmB, betonte Löning, dass dies seiner Meinung nach nicht sein dürfe. Er fügte hinzu, dass dieser Aspekt ja von der Bundesregierung geprüft werde.

Auf die Bitte von Dr. Sigrid Arnade, zu den von ihr angesprochenen behindertenpolitischen Fragestellungen zu antworten, gab Löning zu, dass er sich in diesem Bereich nicht auskenne und zum NAP die Stellungnahme des Ministeriums verlesen habe. Er wolle aber ins Gespräch kommen. Daraufhin wurde ihm eine Schattenübersetzung überreicht und im Nachgang zur Veranstaltung weitere Informationen zur UN-BRK per E-Mail übersandt.

Einschätzung:
Hat sich nun das Engagement der BRK-Allianz im UPR-Prozess gelohnt? Unserer Einschätzung nach schon. Wenn man bedenkt, in welchem Umfang Stellungnahme zu allen unterschiedlichen Menschenrechtsfragen eingereicht wurden, so kristallierten sich die Bereiche "Rassismus/Migration", sowie "Gleichstellung von Frau und Mann", sowie "Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen" heraus. Es war dabei einerseits von Vorteil, dass von Seiten der BRK-Allianz zusätzliche Informationen an die Botschaften der UN-Mitgliedsstaaten übersandt wurden und dass andererseits durch eine persönliche Präsenz der Aspekt von MmB im Gesamtdiskurs der Menschenrechte sichtbarer gemacht wurde. Gleichwohl sind auf internationaler wie auf nationaler Ebene noch gewaltige Anstrengungen erforderlich, um "Behinderung" als Menschenrechtsthema noch deutlicher herauszustellen. Immerhin hat die international agierende Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" in New York jetzt aktuell eine neue Abteilung "Disability Rights" ins Leben gerufen (vgl. dazu  www.hrw.org/disability ). Dies könnte auch für Amnesty oder Pro Asyl ein Vorbild sein.

Ferner hat auch der Protest der Geschäftsstelle der BRK-Allianz gegenüber dem HRC Wirkung gezeigt, nachdem in der offiziellen Summary vom 8. März 2013 zu den Eingaben der Zivilgesellschaft die Eingabe der BRK-Allianz fälschlicherweise nicht aufgeführt war. In einem "Corrigendum" des HRC vom 9. April wurde die JS4 (Joint Submission 4) der CRPD-Alliance nachträglich veröffentlicht und auf Inhalte unserer Submission hingewiesen.

HGH

Medienlinks - kobinet:

 www.kobinet-nachrichten.org/~/Diskriminierungen-Behinderter-beim-Menschenrechtsrat-zur-Sprache-bringen.htm (Auftakt) 

 www.kobinet-nachrichten.org/~/Deutschland-zur-Barrierefreiheit-im-privaten-Sektor-ermahnt.htm  (Empfehlung USA)

 www.kobinet-nachrichten.org/~/Großer-Handlungsbedarf-in-Deutschland.htm  (PM DIMR)

 www.kobinet-nachrichten.org/~/Nachlese-zur-Sitzung-des-Menschenrechtsrats.htm  (Nachlese)

UPR-Berichte: Staatenbericht:  www.auswaertiges-amt.de/~/130123-UPRBericht.pdf 

Parallelberichte:  www.forum-menschenrechte.de/~/121002_UPR2013_germany_NGO-submission_FMR.pdf  und  www.brk-allianz.de 

DIMR:  www.institut-fuer-menschenrechte.de/~/upr-deutschland-2013.html 

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HRC fordert Ende der Zwangsbehandlungen

In der Märzsitzung des Menschenrechtsrats hat der Sonderbotschafter gegen Folter, Juan Mendez, seinen jüngsten Bericht präsentiert. Vor allem in Bezug auf die Behandlung von Menschen mit Behinderungen in Gesundheitseinrichtungen stellt er darin einige Grundsätze fest.
Laut Mendez ist es inakzeptabel, wenn Ärztinnen und Ärzte psychiatrische Behandlungen gegen den Willen von Menschen durchsetzen wollen. Gesetzliche (Schutz-)Bestimmungen sollten laut Mendez entsprechend erweitert bzw. adaptiert werden, um die Wichtigkeit der Zustimmung von Patientinnen und Patienten klar herauszuarbeiten. Jede Form von separater Unterbringung oder anderer Abschottung sollte unverzüglich verboten werden, auch in psychiatrischen Einrichtungen. Mendez betont, dass die psychiatrische Gesundheitsversorgung sich an den Prinzipien der Freiwilligkeit und Gemeindenähe orientieren sollte und nicht an Zwangsbehandlungen in Krankenhäusern.
Der Bericht des Sonderbotschafters wurde unter reger Beteiligung der internationalen Zivilgesellschaft erstellt.

(Text: Marianne Schulze, bizeps vom 12. April 2013)



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Termine

17. bis 19. Juli 2013 in New York: 6. Konferenz der States Parties, Thema: "Ensuring adequate standard of living: empowerment and participation of persons with disabilities within the framework of the CRPD".

2. bis 13. September 2013 in Genf: Zehnte Sitzung des CRPD-Ausschusses; u.a. Prüfung Österreichs

23. September 2013 in New York: Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Thema "Disability and Development"

Impressum

H.- Günter Heiden (v.i.S.d.P.), BRK-Allianz - Geschäftsstelle
c/o NETZWERK ARTIKEL 3 – Verein für Gleichstellung und Menschenrechte Behinderter e.V.
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