Familienfoto BRK-Allianz

Die "Abschließenden Bemerkungen" des UN-Fachausschusses für Deutschland sind auf die einhellige Zustimmung der Verbände der BRK-Allianz gestoßen: "Die Mühen der letzten vier Jahre haben sich gelohnt, das Ziel ist erreicht", betonte Allianzsprecherin Dr. Sigrid Arnade auf dem Abschlussplenum der Allianz in den Räumen der Diakonie Deutschland. In den Empfehlungen seien zum Beispiel die fehlende Menschenrechtsperspektive, die Gewalt an Frauen und Mädchen mit Behinderungen, Fragen der intersektionalen Diskriminierung etwa bei Behinderung und Migrationsgeschichte, Barrierefreiheit im Bereich privater Rechtsträger, das Betreungsrecht oder die inklusive Bildung gezielt angesprochen worden. "Aber ohne die Fachkenntnis der unterschiedlichen Verbände, die wir in unserem Parallelbericht und allen weiteren Dokumenten vereint dargestellt haben, wären die Empfehlungen des Ausschusses nicht so klar ausgefallen. Damit sind für die nächsten Jahre eindeutige Meilensteine für die Behindertenpolitik in Deutschland gesetzt worden." In insgesamt fünf Arbeitsgruppen wurden die Empfehlungen des Ausschusses und Fragen der deutschen Übersetzung diskutiert. Dazu forderten die Verbände erneut die Bildung einer gemeinsamen Redaktionsgruppe aus Regierung, Monitoring-Stelle und Zivilgesellschaft.

Auch stand die Frage im Mittelpunkt, wie die Arbeit fortgesetzt werden soll, da das Mandat der BRK-Allianz Ende Juni ausläuft. Fast genau vor vier Jahren, am 30. Juni 2011, wurde der Grundstein für das Bündnis der knapp 80 Verbände bei einer sogenannten "Kick-off-Veranstaltung" der Monitoring-Stelle gelegt. Ziel war die Erstellung eines koordinierten Parallelberichtes und die Begleitung des gesamten Staatenberichtsprüfungsverfahrens. Das gesamte Jahr 2012 wurde dann in zehn Teilbereichsgruppen am Text gearbeitet, der im März 2013 der Politik und der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde. Im April 2014 und März 2015 waren Delegationen der BRK-Allianz vor Ort in Genf und haben dem Ausschuss die Positionen der Zivilgesellschaft deutlich gemacht. Koordiniert wurde die Arbeit der BRK-Allianz durch das NETZWERK ARTIKEL 3 e.V., unterstützt durch eine finanzielle Förderung der Aktion Mensch.

"Nun sind neue Bündnisse und Netzwerke für die Weiterarbeit erforderlich" erklärte Allianzsprecher Dr. Detlef Eckert, "etwa zur Umsetzung von Barrierefreiheit im privaten Bereich. Außerdem freuen wir uns ganz besonders, dass zum Beispiel der Bundeselternrat die Initiative ergriffen hat und zusammen mit anderen interessierten Verbänden bei der Frage der inklusiven Bildung mehr Druck machen will!"

Die Webseite der BRK-Allianz unter www.brk-allianz.de wird auch weiterhin als wichtige Quelle für Fachinformationen und Dokumente von NETZWERK ARTIKEL 3 e.V. bereitgestellt werden, wie der Koordinator der Allianz, H.- Günter Heiden, abschließend betonte. Der kombinierte zweite und dritte Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist bis spätestens März 2019 in Genf einzureichen. Ein Datum für die nächste Staatenprüfung ist Anfang der 20er Jahre zu erwarten.

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Delegation in GenfDie klaren menschenrechtlichen Empfehlungen des UN-Fachausschusses, die am späten Freitag nachmittag veröffentlicht wurden, stoßen auf große Zustimmung bei der BRK-Allianz: "Wir begrüßen die deutlichen Worte zur Abkehr von den Sonderwelten", betont Dr. Sigrid Arnade, Sprecherin der Allianz. "Das betrifft die Deinstitutionalisierung, die Hinwendung zu einer inklusiven Bildung sowie die Aufforderung, die Werkstätten für behinderte Menschen schrittweise abzuschaffen."

In seinen Empfehlungen hält der Ausschuss ferner die Stärkung der Selbstvertretungsorganisationen für erforderlich, die Überprüfung bestehender und zukünftiger Gesetze bezüglich der Vereinbarkeit mit der UN-Behindertenrechtskonvention, die Berücksichtigung von Barrierefreiheit in privaten Unternehmen und die Einführung des Konzepts von "Angemessenen Vorkehrungen" sowie die Abschaffung diskriminierender Wahlrechtsausschlüsse.

"Besonders gefreut haben wir uns über die Ausführungen zur Elternassistenz und zu Einkommens- und Vermögensfragen, insbesondere zur Reform des Mehrkostenvorbehalts in Paragraph 13 des SGB XII", so Arnade. "Jetzt ist es erforderlich, schnell einen runden Tisch zur Übersetzung der Empfehlungen ins Leben zu rufen, um das Dokument exakt ins Deutsche zu übersetzen."

Nach zwölf Monaten muss Deutschland dem Ausschuss über Maßnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen berichten. Der kombinierte zweite und dritte Staatenbericht ist zum 24. März 2019 fällig.

Die "Concluding Observations" in Englisch sind abzurufen unter http://tbinternet.ohchr.org/_layouts/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CRPD%2fC%2fDEU%2fCO%2f1&Lang=en

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Bild vom Treffen in Genf © ISL Genf (kobinet) Sechs VertreterInnen der BRK-Allianz haben heute Morgen bei einem Treffen mit Mitgliedern des UN-Fachausschusses zur Staatenprüfung Deutschlands aus Sicht der Zivilgesellschaft auf zentrale Probleme bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland aufmerksam gemacht. Dies teilten Dr. Sigrid Arnade und Hans-Günter Heiden von der BRK-Allianz in einem Gespräch mit den kobinet-nachrichten aus Genf mit.

"Wir haben bei unserem Gespräch mit den Mitgliedern des UN-Fachausschusses das aktuelle Thema angesprochen, dass fünf Milliarden Euro aus dem Sozialetat entfernt und für allgemeine Investitionen der Kommunen eingesetzt werden, die als Entlastung der Eingliederungshilfe im Rahmen der Schaffung eines Bundesteilhabegesetzes im Koalitionsvertrag verankert sind. Dies wirft die Frage auf, wieviel noch für substantielle Verbesserungen für behinderte Menschen im Rahmen des dringend nötigen Bundesteilhabegesetzes übrig bleibt", so Dr. Sigrid Arnade. In diesem Zusammenhang wurden auch die Probleme für behinderte Menschen beschrieben, die die Anrechnung des Einkommens- und Vermögens auf Leistungen für behinderte Menschen mit sich bringen. Die Tatsache, dass ein behinderter Mensch, der beispielsweise auf Assistenz angewiesen ist, nur 2.600 Euro ansparen darf, sei ein Trauerspiel.

"Thema war auch eine überfällige Reform des Betreuungsrechts, das nicht im Einklang mit der UN-Behindertenrechtskonvention steht. Hier bedarf es dringend einer unterstützten Entscheidungsfindung statt der derzeitigen ersetzten Entscheidungsfindung. Natürlich stand auch der Ausschluss vom Wahlrecht für behinderte Menschen, die in allen Bereichen Betreuung nutzen, auf der Tagesordnung unserer Delegation", so Dr. Sigrid Arnade.

Nach Informationen von Hans-Günter Heiden, dem Koordinator der BRK-Allianz wurde von der Delegation ebenfalls krisitiert, dass das in der UN-Behindertenrechtskonvention verankerte Konezpt der angemessenen Vorkehrungen bisher nicht im deutschen Recht definiert wurde. "Hier könnten eine Vielzahl von Verbesserungen geschaffen werden. In diesem Zusammenhang stand auch die diskutierte jahrelange Forderung, dass private Dienstleistungsanbieter zur Barrierefreiheit verpflichtet werden müssen", erklärte Hans-Günter Heiden.

Weitere Themen waren die vielfach von Menschen mit Psychiatrieerfahrung kritisierte Zwangsunterbringung und Zwangsmedikation. Diese stünde durch die Gesetzgebung des Bundes und der Länder nicht im Einklang mit der UN-Behindertenrechtskonvention. "Die schleppende Umsetzung der inklusiven Bildung und die Probleme für behinderte Menschen auf dem Arbeitsmarkt spielten ebenfalls eine große Rolle mit den Mitgliedern des UN-Fachausschusses. Dabei ging es neben der Tatsache, dass es verstärkter Anstrengungen für die Beschäftigung behinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bedarf, vor allem auch um Alternativen zur Werkstatt für behinderte Menschen", so Dr. Sigrid Arnade.

Insgesamt haben Dr. Sigrid Arnade und Hans-Günter Heiden die Atmosphäre des Austausches mit den Mitgliedern des UN-Fachausschusses als interessiert mit vielen konkreten Nachfragen erlebt. "Die Ausschussmitglieder waren an der Meinung der Zivilgesellschaft sehr interessiert", so Dr. Sigrid Arnade. "Es war eine sehr anspruchsvolle Aufgabe für die VertreterInnen der Zivilgesellschaft, die verschiedenen Probleme in der gegebenen Zeit umfassend darzustellen, die mit hoher Sachkenntnis und Konzentration gut gemeistert wurde", fasst Hans-Günter Heiden, der die BRK-Allianz koordiniert, das Treffen von heute Morgen zusammen.

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Dr. Sigrid Arnade

In einem Monat ist es soweit:  Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ist am 26. März in Deutschland seit sechs Jahren in Kraft und genau an diesem Tag beginnt auch das Staatenberichtsprüfungsverfahren für Deutschland bei den Vereinten Nationen in Genf. Deshalb hat die BRK-Allianz jetzt ihren letzten Bericht beim zuständigen UN-Fachausschuss eingereicht. Bei diesem Dokument handelt es sich um eine Bewertung der Antworten der Bundesregierung auf die sogenannte "Frageliste", die der Ausschuss im vergangenen Jahr an Deutschland gerichtet hatte. "Bei der Bewertung der Antwort der Bundesregierung kommt die BRK-Allianz  zum Schluss, dass die Antworten sehr unbefriedigend sind", so Allianzsprecherin Dr. Sigrid Arnade. "Die BRK-Allianz ist der Ansicht, dass die Bundesregierung ihre Verantwortung  zur Umsetzung der UN-BRK nur halbherzig wahrnimmt und vielfach nur auf die Länder verweist. Ferner behauptet die Bundesregierung, dass ein großer Teil der Vorgaben der UN-BRK zu den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten zähle, für die der Progressionsvorbehalt nach Artikel 4, Abs. 2 gelte. Auf die naheliegende Frage, welche Artikel der UN-BRK direkt umzusetzen beziehungsweise unmittelbar anzuwendendes Recht für Deutschland darstellen, wird jedoch mit keinem Wort eingegangen."

Mit Bedauern nimmt die BRK-Allianz in ihrem Text außerdem zur Kenntnis, dass die Bundesregierung in ihrer Antwort wieder auf ihre "Denkschrift" aus dem Jahr 2008 verweist, wonach die deutschen Gesetze im Einklang mit der UN-BRK stünden und lediglich die Umsetzung der bestehenden Gesetze verbessert werden müsse. Mit ihrem Parallelbericht und den Ausführungen in dem vorliegenden Dokument habe die Zivilgesellschaft jedoch deutlich gemacht, dass diese Sicht eine völlige Verkennung der völkerrechtlichen Bedeutung der UN-BRK sowie der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen in Deutschland ist: "Weder Disability Mainstreaming noch Gender Mainstreaming spielen in der Antwort der Bundesregierung eine Rolle", so Arnade. "Auch die besondere Betroffenheit einzelner Gruppen behinderter Menschen, etwa taubblinder Menschen, von Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung, von Menschen mit Autismus und hohem Unterstützungsbedarf oder die Situation von Eltern mit Behinderungen wird in den Antworten kaum thematisiert." Gemessen am eigenen Anspruch und dem gesellschaftlichen Leistungsvermögen von Deutschland erscheinen die Ausführungen der Bundesregierung sehr ausweichend und unkonkret, stellt die BRK-Allianz fest. Darüber hinaus ist sie der Ansicht, dass die grundlegende menschenrechtliche Dimension der UN-BRK von der Bundesregierung noch nicht vollumfänglich erkannt worden ist und sich dies in den Antworten auf die Fragen des Ausschusses widerspiegelt.

Am 26. März von 15 - 18 Uhr und am 27. März von 10 - 13 Uhr  ist die Staatenprüfung auch live über das Internet unter www.treatybodywebcast.org (mit internationaler Gebärdensprache gedolmetscht) zu verfolgen. Alle Dokumente zu dieser Sitzung sind auf der Seite www.brk-allianz.de nachzulesen. "Wer an diesen beiden Tagen aktiv werden möchte, der kann auch selber die Dinge unter die Lupe nehmen", ermuntert Arnade. "In Genf prüft die UN Deutschland zur Umsetzung der Konvention und vor Ort könnten die behinderten Menschen die kommunale Umsetzung ihrer Menschenrechte  prüfen".

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